Seine Natur macht Peru zu einem atemberaubenden Land. Dank
der drei verschiedenen Klimazonen kann man Peru auch gut und gerne attestieren,
Besitzer von drei verschiedenen Welten zu sein (siehe „Meine Urlaubsreise).
Sagen muss man aber auch, dass Peru zwei andere Welten besitzt. Zwei Welten,
die nichts mit der Natur zutun haben. Armut und Reichtum.
Die eine Welt kenne ich aus Deutschland – den Reichtum.
Doch was ich in Deutschland noch als „normal“ bezeichnet hätte, empfinde ich
hier schon oft als reinsten Überfluss. Zum einen, weil es in Peru nicht so viel
Reichtum gibt wie in Deutschland. Zum anderen, weil die teueren Produkte hier
nochmals mehr kosten und das Lohnniveau viel geringer ist.
Wenn ich für umgerechnet 80 Cent zum Friseur gehen kann,
die durchschnittliche Taxifahrt sowie ein Mittagsmenü mit Vorspeise, Getränk
und Hauptgang ungefähr einen Euro kostet, dann wirkt der Porsche auf der Straße
wie von einem anderen Planeten. Und dazu vollkommen überflüssig, da es aufgrund
der Straßenverhältnisse und Fahrweise
ziemlich egal ist, mit welchem Auto ich unterwegs bin.
Und dennoch, es gibt sie, die Luxusautos. Genau wie die
Luxushotels und die modernen Hochhäuser der Banken. Einkaufscenter mit Design
und Preisen wie in Europa. Wir Volontäre wurden in ein Restaurant eingeladen,
das mit Abstand luxuriöseste, in dem ich je war (Fotos).
Ich habe mitten in der Wüste
einen saftig grünen Golfplatz gesehen, der ebenso bewässert wird wie sämtliche
Parks und Grünflächen in den Großstädten der Küstenregion. Und ich habe ein
riesiges Areal einer deutschen Schule besucht. Mit wunderschönen Gärten, einem
Traum-Kinderspielplatz, riesigem Schwimmbad, eigenem Sportplatz mit Laufbahn
und echtem Rasen sowie weiteren riesigen Rasenflächen – alles künstlich
bewässert. Das Gelände wird allerdings kaum benutzt, da es sich etwas außerhalb
von Lima befindet (Foto).
Dem gegenüber steht eine andere Welt. Eine Welt aus Armut
in den grauen Nebengassen Limas, dem staubigen Wüstensands Trujillos oder so
vielen anderen Orten. Ich habe eine vierköpfigen Familie besucht, die in einem
Zimmer wohnt, in dem das Bett fast den ganzen Raum ausfüllt und es kein Fenster
gibt. Ich habe eine Frau getroffen, die aufgrund von umgerechnet fehlenden zehn
Euro ihre Krankheit nicht behandeln kann. Es gibt Kinder, die ohne Schuhe und
mit vollkommen dreckiger Kleidung auf der Straße rumlaufen. Ich habe ein paar
Tage in einem Stadtviertel gewohnt, in dem es normal ist, dass die ganze
Familie in einem Raum oder sogar in einem Bett schläft (vier Fotos unten). Wenn man sich nur ein
bisschen genauer umsieht, sieht man sofort Obdachlose.
Seit sechs Wochen arbeite ich jetzt in einem Vorort von
Trujillo. Ein Thema versetzt hier zurzeit die Eltern in Angst und selbst bei
den Kindern ist es ab und zu Gesprächsstoff: Ein paar Kinder sollen dem
Organhandel zum Opfer gefallen sein.
Es ist eine ganz andere Arbeit als in Lima. Es ist auch
eine andere Gegend. Und wenn man sich noch ein paar hundert Meter von der
Panamericana (Foto rechts)
– die längste Straße der Welt, an dessen unmittelbarer
Nachtbarschaft sich die ACJ (CVJM) befindet – entfernt, gar eine andere Welt.
Auch wenn der Weg nicht weit ist, steigen wir ins Auto. Unsere Arbeitskollegen
wollen uns die Umgebung der ACJ zeigen. Bis hin zu einem riesigen Gefängnis,
das circa 100 Meter hinter der ACJ liegt, stehen Häuser. Zwar kleine, einfache
und nicht besonders schöne Häuser, aber Häuser. Es geht weiter in Richtung der
nahe gelegenen Müllkippe (Foto links), auf der ein Großteil der Einwohner arbeiten.
Die Häuser (Foto oben rechts, vor der ACJ) werden zu Hütten und bei den einzigen Farbtupfer handelt es sich um
Müll, der an den Straßenrändern extrem zunimmt.
Es richt, überall sind Fliegen.
Nahe der Müllkippe, die zum Großteil von einer Mauer verdeckt wird, sehe ich
auch keine Hütten mehr. Es waren einmal Hütten, deren Löcher mit der Zeit mit
allem Möglichen gestopft wurden. Mein erster Gedanke: Ein Müllhaufen. Ein
Müllhaufen, in dem Menschen leben. Das erste Mal seit dem ich in Peru bin,
fehlen mir kurz die Worte. Nicht die materielle Armut ist es, sondern der ganze
Müll und die Kinder in ihm. Dabei befinde ich mich nicht auf der Müllkippe. Und
trotzdem ist fast überall Müll. Ich gucke genau wo ich hin trete und empfinde
erstmals leichten Ekel – obwohl ich nichts berühre. Hier wird es besonders
deutlich. Es gibt noch eine andere Armut
- das fehlen von Bildung. Das der Müll gesundheitsgefährdend und wohl
der Grund von so vielen Krankheiten hier ist, scheinen die Menschen, ich will
nicht sagen nicht zu wissen, aber zumindest nicht ernst zu nehmen. Fakt ist,
das der Müll überall in Peru von vielen Menschen achtlos auf die Straße oder in
die Natur geworfen wird.
Wir fahren schließlich wieder zurück zur ACJ, wo wir mit
jenen Kinder arbeiten, die hier leben. Jene Kinder, die so viel ärmer sind als
wir und deren Bildung so viel schlechter ist als die unsere. Und dennoch sind
es in meinen Augen wir Deutschen, die von diesen Kindern so viel lernen können.
Nämlich Lebensfreude und Dankbarkeit.