Sonntag, 29. Juni 2014

Zwei Welten

Seine Natur macht Peru zu einem atemberaubenden Land. Dank der drei verschiedenen Klimazonen kann man Peru auch gut und gerne attestieren, Besitzer von drei verschiedenen Welten zu sein (siehe „Meine Urlaubsreise). Sagen muss man aber auch, dass Peru zwei andere Welten besitzt. Zwei Welten, die nichts mit der Natur zutun haben. Armut und Reichtum.
Die eine Welt kenne ich aus Deutschland – den Reichtum. Doch was ich in Deutschland noch als „normal“ bezeichnet hätte, empfinde ich hier schon oft als reinsten Überfluss. Zum einen, weil es in Peru nicht so viel Reichtum gibt wie in Deutschland. Zum anderen, weil die teueren Produkte hier nochmals mehr kosten und das Lohnniveau viel geringer ist.
Wenn ich für umgerechnet 80 Cent zum Friseur gehen kann, die durchschnittliche Taxifahrt sowie ein Mittagsmenü mit Vorspeise, Getränk und Hauptgang ungefähr einen Euro kostet, dann wirkt der Porsche auf der Straße wie von einem anderen Planeten. Und dazu vollkommen überflüssig, da es aufgrund der Straßenverhältnisse  und Fahrweise ziemlich egal ist, mit welchem Auto ich unterwegs bin.
Und dennoch, es gibt sie, die Luxusautos. Genau wie die Luxushotels und die modernen Hochhäuser der Banken. Einkaufscenter mit Design und Preisen wie in Europa. Wir Volontäre wurden in ein Restaurant eingeladen, das mit Abstand luxuriöseste, in dem ich je war (Fotos).   
     

Ich habe mitten in der Wüste einen saftig grünen Golfplatz gesehen, der ebenso bewässert wird wie sämtliche Parks und Grünflächen in den Großstädten der Küstenregion. Und ich habe ein riesiges Areal einer deutschen Schule besucht. Mit wunderschönen Gärten, einem Traum-Kinderspielplatz, riesigem Schwimmbad, eigenem Sportplatz mit Laufbahn und echtem Rasen sowie weiteren riesigen Rasenflächen – alles künstlich bewässert. Das Gelände wird allerdings kaum benutzt, da es sich etwas außerhalb von Lima befindet (Foto).




  Dem gegenüber steht eine andere Welt. Eine Welt aus Armut in den grauen Nebengassen Limas, dem staubigen Wüstensands Trujillos oder so vielen anderen Orten. Ich habe eine vierköpfigen Familie besucht, die in einem Zimmer wohnt, in dem das Bett fast den ganzen Raum ausfüllt und es kein Fenster gibt. Ich habe eine Frau getroffen, die aufgrund von umgerechnet fehlenden zehn Euro ihre Krankheit nicht behandeln kann. Es gibt Kinder, die ohne Schuhe und mit vollkommen dreckiger Kleidung auf der Straße rumlaufen. Ich habe ein paar Tage in einem Stadtviertel gewohnt, in dem es normal ist, dass die ganze Familie in einem Raum oder sogar in einem Bett schläft (vier Fotos unten). Wenn man sich nur ein bisschen genauer umsieht, sieht man sofort Obdachlose.           
Seit sechs Wochen arbeite ich jetzt in einem Vorort von Trujillo. Ein Thema versetzt hier zurzeit die Eltern in Angst und selbst bei den Kindern ist es ab und zu Gesprächsstoff: Ein paar Kinder sollen dem Organhandel zum Opfer gefallen sein.



 Es ist eine ganz andere Arbeit als in Lima. Es ist auch eine andere Gegend. Und wenn man sich noch ein paar hundert Meter von der Panamericana (Foto rechts)
 – die längste Straße der Welt, an dessen unmittelbarer Nachtbarschaft sich die ACJ (CVJM) befindet – entfernt, gar eine andere Welt. Auch wenn der Weg nicht weit ist, steigen wir ins Auto. Unsere Arbeitskollegen wollen uns die Umgebung der ACJ zeigen. Bis hin zu einem riesigen Gefängnis, das circa 100 Meter hinter der ACJ liegt, stehen Häuser. Zwar kleine, einfache und nicht besonders schöne Häuser, aber Häuser. Es geht weiter in Richtung der nahe gelegenen Müllkippe (Foto links), auf der ein Großteil der Einwohner arbeiten. 


Die Häuser (Foto oben rechts, vor der ACJ) werden zu Hütten und bei den einzigen Farbtupfer handelt es sich um Müll, der an den Straßenrändern extrem zunimmt. 
Es richt, überall sind Fliegen. Nahe der Müllkippe, die zum Großteil von einer Mauer verdeckt wird, sehe ich auch keine Hütten mehr. Es waren einmal Hütten, deren Löcher mit der Zeit mit allem Möglichen gestopft wurden. Mein erster Gedanke: Ein Müllhaufen. Ein Müllhaufen, in dem Menschen leben. Das erste Mal seit dem ich in Peru bin, fehlen mir kurz die Worte. Nicht die materielle Armut ist es, sondern der ganze Müll und die Kinder in ihm. Dabei befinde ich mich nicht auf der Müllkippe. Und trotzdem ist fast überall Müll. Ich gucke genau wo ich hin trete und empfinde erstmals leichten Ekel – obwohl ich nichts berühre. Hier wird es besonders deutlich. Es gibt noch eine andere Armut  - das fehlen von Bildung. Das der Müll gesundheitsgefährdend und wohl der Grund von so vielen Krankheiten hier ist, scheinen die Menschen, ich will nicht sagen nicht zu wissen, aber zumindest nicht ernst zu nehmen. Fakt ist, das der Müll überall in Peru von vielen Menschen achtlos auf die Straße oder in die Natur geworfen wird.

Wir fahren schließlich wieder zurück zur ACJ, wo wir mit jenen Kinder arbeiten, die hier leben. Jene Kinder, die so viel ärmer sind als wir und deren Bildung so viel schlechter ist als die unsere. Und dennoch sind es in meinen Augen wir Deutschen, die von diesen Kindern so viel lernen können. Nämlich Lebensfreude und Dankbarkeit. 






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